Thornton Wilder hat das Stück „Wir sind noch einmal davongekommen“ im Jahr 1941 geschrieben. Er kannte – zumindest ansatzweise – die Folgen des Krieges: Kurz vorher hatte er England besucht und konnte sich hier einen Eindruck von den deutschen Luftangriffen verschaffen – sicher ein wesentlicher Impuls für die Konzeption des Stücks.
Es braucht nicht zu verwundern, dass ein am Christentum orientierter Autor wie Wilder mitten in der Kriegssituation neben all der Skepsis über die menschliche Fehlbarkeit auch in einem Stoff, der die Katastrophen der Menschheit thematisiert, eine Perspektive für die leidenden Menschen zu entwickeln versucht: So wird – für uns heute überraschend – im 3. Akt des Stücks, nach dem Ende des Krieges, die Hoffnung auf die Lernfähigkeit der Menschen zum Ausdruck gebracht, auf eine Weise, die heute eher als naiv und hilflos erscheinen muss. Überspitzt und polemisch ausgedrückt: Man nehme die geronnene Weisheit der Menschheit (= Aussagen diverser Philosophen), mixe diese mit der Hoffnung des christlichen Abendlandes (= dem Prinzip Gott), und heraus kann ein neuer, ein besserer, überlegter und rationaler handelnder Mensch kommen, der in der Lage sein könnte, eine neuerliche Katastrophe zu verhindern.
Diese positive Aussage des Stücks hat sicherlich zu seinem riesigen Erfolg ausgerechnet im Nachkriegsdeutschland beigetragen. Wieweit es damit, zumindest objektiv, dem allseits verbreiteten Verdrängungsbedürfnis vieler Deutscher gelegen kam ...
Auf jeden Fall ist es einfacher, den Hoffnungsfaktor intellektuell und spirituell zu überhöhen, als sich mit den Kriegsursachen selbst, mit der eigenen Verstrickung in den Krieg zu beschäftigen und daraus möglicherweise radikale Bewusstseins- und Verhaltensweisen zu entwickeln, die tatsächlich in der Lage wären, eine erneute Katastrophe zu verhindern.
Bilder vom Stück